Foto: Claritas
Artikel von Lisa Strobel
Flensburg Dusan Potocnik ist Tatortreiniger. In Zeiten der Corona-Krise beseitigt er Spuren des Virus von allen Oberflächen. Als staatlich geprüfter Desinfektor weiß er genau, welche Verfahren sinnvoll sind. Reporterin Lisa Strobel hat mit dem Wahlflensburger über seinen Job an vorderster Virus-Front am Telefon gesprochen. „Bei mir hätten Sie auch in diesen Zeiten vorbeikommen können“, sagt er und lacht. Wenn einer auf penible Einhaltung von Maßnahmen und Reinigung achtet – dann er.
Herr Potocnik, aus Spanien erreichen uns beunruhigende Bilder. Mit Schutzanzügen gekleidet, reinigen dort Desinfektoren ganze Straßen. Meinen Sie so etwas blüht auch Flensburg?
Für uns hier in Flensburg sehe ich dafür überhaupt keinerlei Notwendigkeit, öffentliche Bereiche zu desinfizieren. Die Wirkung wäre zum einen fraglich, zum anderen bringt man auch Gift in die Umwelt ein. Da können wir uns viel besser schützen, indem wir Abstand halten.
Im nicht-öffentlichen Bereich sind Sie doch als Desinfektor in Zeiten der Corona-Krise aber sicherlich sehr gefragt?
Um ehrlich zu sein, hat sich die Situation für uns nicht besonders geändert. Wir haben nicht mehr oder weniger zu tun als sonst auch. Wir haben lediglich mehr Anrufe. Die Menschen fragen, wie sie sich verhalten und welche Schutzmaßnahmen getroffen werden können. Meine Funktion in der Corona-Krise ist daher eher beratend. Natürlich aber nicht immer.
Wo sind Sie denn im Einsatz?
Wir sind in ganz Schleswig-Holstein und Hamburg unterwegs und reinigen mit dem Coronavirus kontaminierte Räume. Krankenhäuser haben zwar in der Regel eigene Desinfektoren, die dort fest angestellt sind und die Reinigungsteams leiten. Wir dagegen werden zum Beispiel zur Polizei gerufen, um den Haftraum zu desinfizieren. Aber auch in Betrieben oder bei der Feuerwehr und in Rettungswägen desinfizieren wir. Dort geht es in erster Linie darum, dass sie schnell wieder einsetzbar sind.
Ruck, zuck geht solch eine Desinfektion ja aber nicht. Wie bereiten Sie sich auf Ihre Arbeit vor?
Es gibt Richtlinien, wie man in kontaminierten Bereichen arbeitet. Danach richten sich die Schutzmaßnahmen. Im Fall von Corona gehen wir komplett im Vollschutz rein. Das bedeutet Schutzanzug, Gesichtsschutz, Atemschutz und Handschutz werden direkt vor Ort angelegt. Wenn wir aus dem kontaminierten Bereich raus gehen, ziehen wir uns nochmal um, damit wir die Viren nicht verschleppen.
Und wie ist das für Sie, in Vollmontur zu arbeiten?
Heiß und anstrengend. In einem Schutzanzug ist man wie in einer Sauna. Die Unterkleidung muss man nach dem Einsatz wechseln, weil man einfach durchgeschwitzt ist. Und das in kürzester Zeit. Bei den Vollschutzmasken gibt es außerdem einen großen Atemwiderstand.
Welche Arbeitsschritte bringen Sie denn am Tatort Corona ins Schwitzen?
Vor Ort schauen wir nach dem Umziehen, welche Maßnahmen ergriffen werden müssen. Gerade in einem Betrieb, wo es viele Oberflächen gibt, wird in einer Wischdesinfektion gearbeitet. Man kann aber auch den Raum ausnebeln, wenn man viele Werkstoffe hat, die man nicht wischen kann, wie zum Beispiel Teppichboden oder andere Textilien. Das entscheiden wir vor Ort.
Was genau ist eine Wischdesinfektion?
Wir setzten eine Lösung in einem Eimer Wasser mit einer entsprechenden Desinfektionsmittellösung an. Dann tauche ich den Lappen ein, wringe ihn nicht zu stark aus und benetze alle Oberflächen. Danach wirkt das Desinfektionsmittel in Verbindung mit Wasser als Trägerstoff ein und tötet die Viren ab.
Und wie läuft eine Ausnebelung ab?
Da haben wir einen Automaten, der einen richtigen Nebel entstehen lässt und den ganzen Raum erfasst. Er setzt sich auf Wänden, Decken, Böden und Oberflächen ab und entfaltet dort seine Wirkung. Aus Gründen der Arbeitssicherheit sind wir dabei immer zu zweit.
Apropos Sicherheit – wie gefährlich ist solch ein Einsatz an vorderster Corona-Front?
Je nachdem welche Wirkstoffe man verwendet, kann allein schon die Einnebelung gesundheitsschädlich sein. Es gibt aber auch Peroxide, die unbedenklich sind und sich wieder zersetzen. Wir selber sind ja durch unsere Atemschutzmasken geschützt und nehmen davon sowieso nichts auf. Von der Gefährdung in Bezug auf das Coronavirus ist es schlichtweg egal, welches Virus man bekämpft – man schützt sich immer entsprechend, weil man ausschließen möchte, den Virus selbst in den Körper aufzunehmen. Aber dabei ist egal, welchen Namen das Virus trägt.
Wenn ich selbst infiziert bin, sollte ich nach Genesung für eine Wohnungsreinigung lieber Sie anrufen oder kann ich Corona auch in Eigenregie wegputzen?
Um andere vor einer Infektion zu schützen, kann man auch selber zuhause reinigen. Es ist aber wichtig, dass die richtigen Reiniger verwendet werden. Dazu zählen starke alkalische beziehungsweise saure Reiniger, die dem Virus den Garaus machen.
Wie sieht es mit Ihrem persönlichen Bestand an Schutzkleidung und Desinfektionsmitteln aus?
Wir sind noch ziemlich gut ausgerüstet. Das liegt daran, dass wir uns Ende des letzten Jahres eingedeckt haben und jetzt einen Jahresbedarf haben.
Da sind jetzt bestimmt viele neidisch.
(lacht). Ja, uns hat aber noch niemand versucht, etwas abzuluchsen – ich habe selbst bei unserem Großhändler nochmal nachgefragt, ob wir etwas nachbekommen könnten. Negativ.
Gut, dass Sie vorgesorgt haben. Seit wann gibt es Ihre Firma Claritas in Flensburg eigentlich?
Die Firma Claritas habe ich 2006 aus der Arbeitslosigkeit heraus gegründet und Stück für Stück aufgebaut. Mittlerweile sind wir 17 Mitarbeiter, und ich habe mich immer weiter professionalisiert. Ich hab einfach etwas gemacht, was ich ziemlich gut kann.
Wie meinen Sie das?
Ich habe irgendwann mal festgestellt, dass ich gewisse Dinge – gerade im Bereich der Tatortreinigung – einfach kann. Ich habe nicht nur das Wissen, sondern auch das Handeling. In jedem Augenblick ist es eine Herausforderung an meine persönliche Sicherheit und Psyche.
Was macht das denn mit Ihrer Psyche, täglich an vorderster Corona-Front zu sein?
Weil die Desinfektion auch eine Tätigkeit ist, die ich vorher schon so gemacht habe, beeinflusst mich das nicht wirklich.
Spielt der Faktor Angst keine Rolle?
Angst ist für den Menschen etwas unfassbar wichtiges. Wenn wir mit etwas konfrontiert werden wie dem Coronavirus, dann löst das Angst aus, weil wir ihn nicht kennen und nicht wissen, wie er wirkt oder welche Auswirkungen er hat. Angst ist aber nichts Negatives, sondern soll uns vor etwas beschützen. Angst lässt uns vorsichtig sein.
Quelle: https://www.shz.de/lokales/flensburger-tageblatt/tatort-corona-dusan-potocnik-im-einsatz-als-desinfektor-id28035202.html
Artikel von Frank Jung /SHZ
KIEL Einen Monat nach einer schrittweisen Wiedereröffnung zieht der Einzelhandel in Schleswig-Holstein eine ernüchternde Bilanz. „Die Nachfrage ist überschaubar“, resümiert Mareike Petersen, Geschäftsführerin des Handelsverbands Nord. Die Umsätze hätten sich innerhalb von vier Wochen mühsam von zunächst 40 auf jetzt 60 Prozent des Vorjahresniveaus heraufgerobbt. Das gelte summa summarum über sämtliche Branchen und Standorte. Speziell in den Innenstädten sei es noch mauer.
„Fußgängerzonen haben noch mehr zu kämpfen, weil ihnen zum Beispiel bisher der Tagestourismus gefehlt hat“, sagt Petersen. Auch sei die Lust am Bummeln nur wenig spürbar – doch gerade dabei können die Innenstädte ihren Trumpf ausspielen. „Es geht den Kunden jetzt um Zielkäufe“, so die Einzelhandelsexpertin. Heißt: Man weiß schon im Voraus genau, was man sucht, holt es sich und geht wieder raus. „Das nach links und rechts Gucken fehlt komplett.“ Petersen sieht dafür ein Bündel an Ursachen: ein eingeengtes Gefühl unter der Maske, Sorge vor Ansteckung, finanzielle Engpässe durch Kurzarbeit, Jobverlust oder Furcht davor. Den boomenden Online-Handel hingegen betreffen die ersten beiden Faktoren nicht. Vergleichsweise am besten gingen in Läden Sortimente aus Freizeit, Garten, Sport „und allem, was das Zuhause schöner macht“. Schwer getroffen sei die Textilbranche. Sie lebt besonders vom Gucken und Anprobieren mit Muße – und wird zudem enggetaktet mit Saisonware beliefert, die sich schnell staut.
„Auch der Wegfall der 800-Quadratmeter-Begrenzung vor zwei Wochen hat wenig gebracht“, urteilt Anja von Allwörden von „Rendsburg Marketing“. „Das Verhalten der Kunden ist verhalten.“ Gefühlt habe die Frequenz in der Ladenstraße allenfalls die Hälfte der Vor-Corona-Zeit erreicht. „Die Leute machen Besorgungen, nicht mehr.“ Wartezeiten gebe es wenn überhaupt nur vor ganz kleinen Läden. „Es ist so schade, die Geschäftsleute sind alle so bemüht und freundlich“. Lange Gesichter auch ganz im Norden: „Die Stimmung ist nicht gut“, berichtet Jens Drews, Sprecher der „Flensburger Gilde“. „Man merkt, dass viele in Kurzarbeit sind und dass durch die geschlossenen Grenzen die Skandinavier fehlen. Von denen leben wir ja zu einem sehr großen Teil.“ Etwas Optimismus schöpft Drews aus der vor wenigen Tagen wiedereröffneten (Straßen-)Gastronomie. „Das bringt hoffentlich ein Grundrauschen für eine positivere Stimmung und lockt den ein oder anderen, der dann auch etwas kauft. Sicher erscheint Drews dennoch, „dass viele Betriebsschließungen anstehen“. „Wir gehen davon aus, dass die Insolvenzen erst im Herbst kommen“, sagt Handelsverbands-Geschäftsführerin Petersen. Stundungen etwa von Mieten oder Sozialbeiträgen und das Kurzarbeitergeld für das Personal könnten dann an ein Ende kommen.
Was für Augenoptiker gilt, kann auch auf eine Krise zutreffen. Während die Optiker Gesundheit und Sehschärfe des Auges optimieren, führt eine Krisensituation bei vielen Menschen zu Neubetrachtung und Rückbesinnung. Was sehen wir als wichtig an, worauf kommt es wirklich an?
Was so philosophisch klingt, ist im Grunde ganz konkret. Gemeint ist hier natürlich die allgegenwärtige Corona-Krise. Und acht Augenoptiker aus Flensburg und Umgebung - allesamt Eigner inhabergeführte Geschäfte, fest verbunden mit ihrem Standort und der Region. Einige als Jungunternehmer, andere schon viele Jahrzehnte lang, als Familienbetrieb seit mehreren Generationen.
Präzises Handwerk vor Ort
„Wir stellen aktuell fest, dass die allgemeine Wertschätzung für lokale Unternehmen zunimmt“, sagt Jens Bergmann, Inhaber des Optik- und Akustikfachgeschäftes Brillen Raub Akustik. Ein neues oder wiederentdecktes Bewusstsein für regionale Qualität, die man eher in kleineren, ortansässigen Einzelunternehmen findet. Hier sind Chef oder Chefin keine Angestellten, sondern mit den Geschicken des Unternehmens eng verbunden. Sie sind nicht nur Geschäftsführer, sondern auch Eigentümer. Sie packen aktiv mit an. All das schafft eine besondere Verantwortlichkeit und Verbundenheit. Nicht zuletzt auch in Bezug auf Mitarbeiter und Kunden. Ihr Geschäft ist eben keine Filiale unter Vielen, die von einem fernen Firmenstandort gelenkt werden.
Ob gründlicher Sehtest oder die Auswahl einer neuen Brille - für die Optiker und ihre Mitarbeiter ist es wichtig, sich für die Belange der Kunden ausreichend Zeit zu nehmen. „Unser Service und unsere Leistungen werden nicht von einem vorgegebenen Zeitschema eingeengt oder mit der Stoppuhr abgearbeitet.“
Inhabergeführte Optiker haben zudem die eigene Werkstatt in ihren Räumlichkeiten, wo sie und ihre Mitarbeiter unter anderem Brillengläser schleifen, Gestelle anpassen und Reparaturen durchführen. Auch Sonderanfertigungen werden dort erledigt. Verlässliches und solides Optikerhandwerk vor Ort. Dass dies heutzutage nicht mehr selbstverständlich ist, zeigt die Reaktionen mancher Kunden, wenn sie zur Abholung kommen: „Ist meine Brille denn schon da?“, fragen sie. „Die war gar nicht weg“, sagt Jens Bergmann dann. Wenn nichts weggeschickt werden muss, geht es eben schnell mit der neuen Brille und die kaputte Sehhilfe kann nach einer Stunde wieder heil sein.
Der Beruf des Augenoptikers ist vielschichtig und komplex. Er ist nicht nur Techniker, Physiker und Handwerker, sondern auch Dienstleister, Kaufmann, Stilberater und Psychologe in einer Person, wie der Zentralverband der Augenoptiker (ZVA) zusammenfasst. Stetige Qualifikation und Weiterbildung spielen daher bei den acht Optikern eine große Rolle. Sie nehmen an zeitintensiven, fachspezifischen Fortbildungen teil; ihre Mitarbeiter sind als Augenoptikermeister oder Gesellen ebenfalls vom Fach.
Auch lokale Unternehmen müssen und können mit der technologischen Entwicklung Schritt halten: „Unser Ziel ist, auf hohem, sogar höchsten technischen Niveau zu arbeiten und bestmögliche Lösungen für das Sehen zu bieten“, sagen die acht Inhaber.
Mit Augenmaß in die Zukunft
In Zeiten, die umfassende Veränderungen und Unsicherheiten mit sich bringen, erkennen viele von uns den Wert von Beständigkeit und Zuverlässigkeit. Statt häufiger Fluktuation, wie oftmals bei Filialisten üblich, wollen die inhabergeführten Fachgeschäfte ihren Standort und ihre Nähe zum Kunden bewahren. Auch oder gerade unter schwierigen Bedingungen: „Die einen kommen und gehen, wir bleiben“. Wer sich umsieht, erkennt: Ihre Läden prägen das Stadtbild und die Einkaufstraßen. Die Geschäfte Brillen Raub Akustik von Jens Bergmann, Optik Gloyer von Sarah Marie Gloyer, Drews Optik von Jens Drews und Asmussen Optik von Julian Thomsen sind als bekannte Namen und feste Größen in Flensburg etabliert. Inga Ehler führt das langjährige Familiengeschäft Ehler Optik und Akustik im Stadtteil Mürwik weiter. Birte Meyer ist mit Die Brille in der Nordstadt ansässig, Thomas Matthiesen mit MediTon in Engelsby. ColiBri Optic + Akustik von Olaf Gerhardt ist in den Nachbargemeinden Glücksburg und Harrislee vertreten.
Der Blick der acht Unternehmer richtet sich klar auf die Zukunft: „Wir wollen nach wie vor für unsere Kunden da sein und hoffen auf eine baldige, schrittweise Rückkehr zum normalen Betrieb - natürlich unter Einhaltung der gesetzlichen Auflagen und Hygienevorschriften.“
Anett Brillat / Flensburger Tageblatt